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Ankunft in Herrenberg: Kindheit im Zeichen des Mangels

Herr Györfi und seine Eltern werden vom Durchgangslager „Kehrhau“ bei Unterjettingen, das früher als Kriegsgefangenenlager diente, nach Herrenberg gebracht und dort einer Fabrikantenfamilie zugewiesen. Obwohl die Familie es später schafft, in eine bessere Unterkunft zu ziehen, ist ihre Anfangszeit in Herrenberg geprägt von Mangel und einer schlechten Versorgungslage.

Das Leben im Lager war natürlich für uns etwas völlig Fremdes. Erstens lag das Lager im Spitalwald in der Nähe von Jettingen-Oberjettingen. Ich habe erst später viel später herausgefunden, dass es auch für Kriegsgefangene mal benutzt wurde und wir kamen halt als Vertriebene. Übrigens, wir sind keine Flüchtlinge in dem Sinn, sondern Vertriebene, wir hatten auch einen anderen Ausweis als die Flüchtlinge. Ja gut, das war natürlich total ärmlich und zu essen gab es nichts, was uns wirklich geschmeckt hat. Wir waren schon österreichisch-ungarische Küche gewohnt und dann im „Schwabeländle“… die hatten ja auch nichts. Es war ja alles ziemlich gleich arm, sag ich mal. Da konnte man keine Ansprüche an das „Gourmet-Essen“ haben und denken.

Wir wurden also mit unserem Gepäck und mit unseren Sachen abgeladen auf dem Marktplatz. Da gab es den Herrn Seidel in Herrenberg, der unter anderem zuständig war für die Verteilung der Leute auf die Wohnungen, auf die Häuser hier in Herrenberg zu den Einheimischen. Ich habe mir das oft vorgestellt, wie es den Leuten eigentlich gegangen ist, als wir da aufgekreuzt sind. Das war für die natürlich auch nicht angenehm.

Und wir haben eigentlich in einem guten Haus gewohnt. Das war eine Fabrikantenfamilie, aber damals hat man nicht 10 Zimmer gehabt als Fabrikant, sondern es war eine relativ kleine Dreizimmerwohnung und da haben wir natürlich gestört, das ist ja ganz klar, wir waren halt da. Wir sind zu dritt eingewiesen worden. Meine Eltern und ich und dann haben wir ganz schnell beide Omas geholt. Die eine wohnte in Herrenberg, die andere in der Gegend von Crailsheim. Das war der erste Transport.

Wir sind dann aus der Bismarckstraße in die Tübinger Straße gezogen, direkt neben der damaligen Oberschule für Jungen. Da war ich dann schon an der Oberschule. Wir waren froh, dass wir aus dem Keller draußen waren, aber die war nicht viel besser, diese Wohnung. Das war eine ehemalige Glaserwerkstatt und der Glaser hat die Werkstatt angebaut an sein Wohnhaus und hat dies auf ganz einfache Weise gemacht. Dünne Wände, viel Glas, riesige Fenster, das konnte er am besten machen und deshalb war es da eiskalt in diesem Gebäude.

Natürlich, auch wir bekamen Lebensmittelkarten und am Anfang war es also echt schwer. Wir Kinder sind geschickt worden von den Eltern zum Bahnhof, Rüben klauen. Es gab nichts, wir bekamen von den Amerikanern Trockenei, Trockenkartoffeln  und wir als Schüler Haferbrei, mal mit Kakao, mal ohne. Ich hatte so ein Militärgeschirr, damit bin ich immer zum Mittagessen gegangen. Auch meine Schulkameraden, also meine ungarischen Schulkameraden oder auch die anderen. Das war schon eine herbe Zeit.